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WWE-Star Ludwig Kaiser vor Bash in Berlin: "Wrestling ist einfach wieder cool"

Ludwig Kaiser gehört zu den erfolgreichsten deutschen Wrestlern der Neuzeit. Im Interview spricht der WWE-Star über die Faszination Wrestling, seine einzigartige Karriere – und was das WWE-Live-Event Bash in Berlin am 31. August auslösen kann.

Ludwig Kaiser (WWE)
Credit: WWE

Zum ersten Mal überhaupt veranstaltet die WWE ein sogenanntes Premium Live Event in Deutschland. Beim Bash in Berlin treten am 31. August 2024 in der Uber Arena in Berlin zahlreiche der aktuell namhaftesten WWE-Wrestler an. Was dürfen Wrestling-Fans erwarten? Wie populär ist Wrestling im Jahr 2024 wirklich – und was ist heute anders? 

Unter anderem darüber hat Sports Illustrated mit WWE-Star Ludwig Kaiser, gebürtig Marcel Barthel, gesprochen. Der 34-Jährige ist der Sohn von Axel Dieter, einem der großen Wrestling-Pioniere Deutschlands, und gehört selbst zu den erfolgreichsten deutschen Wrestlern der Neuzeit. Seit 2017 steht Kaiser bei der WWE und damit der erfolgreichsten Wrestling-Liga der Welt unter Vertrag. Mit Sports Illustrated spricht er über seinen bereits vorgezeichneten Werdegang, die Herausforderungen im Wrestling-Business – und warum manchmal gilt: "More Money More Problems".

Ludwig Kaiser im WWE-Ring
Ludwig Kaiser im WWE-Ring
Credit: WWE
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Sports Illustrated: Wrestling zieht sich bereits durch Ihr ganzes Leben: Sie selbst gehören seit sieben Jahren zur WWE. Ihr Vater, Axel Dieter, ist einer der wichtigsten Wrestling-Pioniere Deutschlands. Überspitzt gesagt: Kam es Ihnen jemals in den Sinn, etwas anderes, außer Wrestler zu werden?

Ludwig Kaiser: Nein. Erst vor kurzem hat mir mein Bruder meinen Eintrag in ein altes Freundschaftsbuch aus meiner Kindheit gezeigt. Als ich den Eintrag gemacht hatte, war ich vielleicht acht Jahre alt. Und schon damals stand unter Berufswunsch: Profi-Wrestler. 

Sports Illustrated: Wrestling war Ihnen also in die Wiege gelegt. Was sind erste Erinnerungen aus Ihrer Kindheit an Wrestling und an Ihren Vater?

Kaiser: Mein Vater war so stolz darauf, was er gemacht hat. Ringkampf war alles für ihn. Ich selbst habe zuerst – wie nahezu jeder – mit Fußball angefangen. Es war meinem Vater wichtig, dass ich eine sportliche Karriere anstrebe. Ich habe Verteidigung gespielt, weil ich groß war. Zu einer Karriere à la Per Mertesacker hat es aber nicht gereicht. Deswegen habe ich Amateurboxen angefangen und wurde dort unter anderem Norddeutscher-Meister. Ich wusste aber immer, dass das nicht das war, was ich wirklich machen wollte.

Flagge zeigen: Ludwig Kaiser kommt ursprünglich aus Norddeutschland und lebte lange in Hamburg
Flagge zeigen: Ludwig Kaiser kommt ursprünglich aus Norddeutschland und lebte lange in Hamburg
Credit: WWE
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Sports Illustrated: Wie ging es also weiter?

Kaiser: Als wir nach Hannover gezogen sind – da war ich 13 Jahre alt –, habe ich mit dem Amateurringen angefangen. Mein Vater wollte, dass ich Wrestling zunächst in dessen Grundform lerne. Nach einem Jahr, an dem ich wirklich jeden einzelnen Tag gezählt habe, war es dann endlich so weit – und ich durfte mit dem Wrestling-Training starten. Dazu noch eine Anekdote: Ich habe bereits als Jugendlicher alte Boots von meinem Vater geschenkt bekommen. Ich habe jahrelang versucht, die Schuhe anzuziehen, aber nie wollten sie passen. Als ich dann 17 Jahre alt war, am Tag meines Debüts, haben sie plötzlich gepasst wie angegossen. Schicksal eben.

Ludwig Kaiser: "Ich habe wegen Wrestling die Hochzeit meiner Mutter verpasst"

Sports Illustrated: Sie haben eine sehr große Familie, mehrere Geschwister. Sind diese auch im Wrestling-Business tätig oder sind Sie der einzige?

Kaiser: Ich bin der Einzige. Meine Mutter meinte zu mir, ich hätte ähnlich wie meine beiden Schwestern auch Karriere in einem anderen Job machen können, hätte ich nur mal mehr Energie ins Lernen gesteckt. Aber für mich war immer klar: Ich möchte in den besten Jahren, die ich habe, das machen, was ich schon immer machen wollte – egal, ob ich mit Mitte 50 dann ohne große finanzielle Rücklagen oder einem kaputten Körper dastehe. Ich wollte immer drei Ziele in diesem Sport erreichen: Ich möchte so viel wrestlen, wie nur möglich. Ich möchte davon leben können und ich möchte die Welt sehen, mit meinen Jungs, mit dem Team. 

"Ich wollte meinen Vater stolz machen und in seine Fußstapfen treten."

– Ludwig Kaiser über seinen Profi-Traum

Sports Illustrated: Ihre Ziele setzen Sie gerade um. Aber wie war das als Kind, wenn Sie sagten, Sie seien Wrestling-Fan und wollten sogar Profi werden? Was waren die Reaktionen im Umfeld?

Kaiser: Wenn es um das Thema Wrestling ging, war ich meistens allein unterwegs. Gerade als ich noch in Deutschland oder Europa aktiv war, habe ich oft abgesagt, weil ich einen Kampf hatte, während alle meine Jungs am Wochenende auf Partys oder Geburtstage gegangen sind. Ich habe selbst die Hochzeit meiner Mutter verpasst. Da kamen natürlich mal Sprüche von Freunden wie: „Jetzt hüpfst du da vor 50 Leuten in kurzer Hose rum“. Meine Leidenschaft wurde manchmal nicht so ernst genommen. Aber mir war das egal, wie viele Leute da waren. Ich habe das für mich gemacht, Wrestling war immer Nummer 1. Ich wollte meinen Vater stolz machen und in seine Fußstapfen treten. Für mich war nie wichtig, was andere dazu sagen.

Sports Illustrated: Hat Sie das vielleicht nicht sogar noch mehr angespornt?

Kaiser: Es kam darauf an, von dem es kam. Ich hatte zum Beispiel diesen einen Lehrer, der mir gesagt hatte, dass ich es nicht schaffen würde, dass ich nicht den Körpertyp dafür gehabt hätte und keine Muskeln aufbauen könnte. Gegenüber solchen Leuten habe ich mir immer gesagt: "Alles klar, dir beweis‘ ich’s." Es war zwar nett gemeint, aber das hat mir Feuer gegeben. 

Ludwig Kaiser: "Wenn die WWE am Horizont erscheint, öffnet sich ganz andere Welt"

Sports Illustrated: War für Sie die WWE das große Ziel oder der Punkt, an dem Sie dann sagen könnten: „Ich habe es geschafft“?

Kaiser: Ich habe ehrlicherweise nie damit gerechnet. Es war auch nicht das konkrete Ziel. Meine drei Ziele hatte ich für mich ja bereits definiert. Für mich war wichtig, dass mein Vater stolz auf mich ist und dass ich meine Leidenschaft leben kann. Das sage ich auch anderen Leuten, die nach ihrem Weg suchen. Es ist nicht wichtig, ob du groß herauskommst und den Jackpot knackst – oder eben nicht. Es ist wichtig, dass du es aus Leidenschaft machst. Wäre ich heute nicht hier und würde nicht das Geld verdienen, das ich verdiene: Ich wäre genauso glücklich mit dem, was ich mache. Aber selbstverständlich: Wenn die WWE am Horizont erscheint, öffnet sich nochmal eine ganz andere Welt für einen.

Sports Illustrated: Aber wie arbeitet man sich denn nun eigentlich im Wrestling nach oben? Im Fußball beispielsweise gibt es ja die einfache Formel: Im Spiel oder Training gut performen, gewinnen und der Trainer stellt einen auf. Gibt es das auch im Wrestling?

Kaiser: Es kommt natürlich ein bisschen auf das Level an. Zum Beispiel in Deutschland hat Wrestling nicht die Lobby, die Fußball hat. Dementsprechend gibt es nicht so viele Talente, die bereit sind, die zahlreichen Opfer für eine Wrestling-Karriere aufzubringen. Das heißt, der Kreis und damit auch die Konkurrenz ist relativ klein. Wenn es dann in die großen Ligen geht, hat man dann schon deutlich weniger selbst in der Hand. Du kannst an dir arbeiten, kannst versuchen, gut auszusehen und in guter Form zu sein – und sobald sie dir den Ball zuspielen, dass du ihn mit Feuer aus dem Stadion für einen Home Run haust. Das ist alles, was man wirklich beeinflussen kann. Im Grunde ist es aber, wie in jedem anderen Job auch.

Sports Illustrated: Wie meinen Sie das?

Kaiser: Je höher man spielt, desto höher ist auch der Druck und die Verantwortung, abzuliefern. Früher hat es wenig Menschen interessiert, ob ich ein schlechtes Match hatte. Heute stehe ich mit Randy Orton, einer Legende, im Hauptkampf des Abends der Live-Show Raw im Ring. Jemand schubst dich ins Wasser und entweder du sinkst oder du schwimmst. Es ist immer noch Leidenschaft, immer noch Herz. Aber es gibt jetzt plötzliche viele andere Dinge, die ebenfalls eine Rolle spielen.

Ludwig Kaiser (re.) stand Mitte August gegen Randy Orton als erster Deutscher überhaupt im Main Event der WWE-Show Raw
Ludwig Kaiser (re.) stand Mitte August gegen Randy Orton als erster Deutscher überhaupt im Main Event der WWE-Show Raw
Credit: WWE
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Sports Illustrated: Welche zum Beispiel?

Kaiser: Das Finanzielle zum Beispiel. Ich bin mit 18 Jahren alleine nach Hamburg gezogen, hatte noch keine Wohnung und habe nebenher – weil ich meiner Mutter diesen Wunsch erfüllen wollte – eine Ausbildung zum Bürokaufmann gemacht. Ich habe damals 500 Euro im Monat verdient. Als ich dann eine Wohnung gefunden hatte, gingen dafür schon 400 Euro drauf – kalt. Ich war damals finanziell also am absolut tiefsten Punkt. Trotzdem habe ich mir keine Gedanken über die Zukunft gemacht. Jetzt, wo man besser verdient, ist das anders. Da denkt man eher an morgen.

Sports Illustrated: Was hat sich für Sie noch alles verändert, seit Sie Deutschland Richtung WWE verlassen haben? Welche Unterschiede gibt es zwischen dem europäischen und dem amerikanischen Wrestling?

Kaiser: Es geht ja schon damit los, dass wir bei einem über eine wöchentliche Live-TV-Show reden und beim anderen eher über unregelmäßige lokale Events. Das, was wir heute machen, hat nicht mehr so viel mit dem zu tun, mit dem wir angefangen haben. Heute geht es um Zeiten, die eingehalten werden müssen. Mm Bilder, die in der richtigen Situation eingefangen werden müssen, in der richtigen Ringecke, mit dem richtigen Menschen im Hintergrund. Das ist Live-Television. Es sind also Aspekte hinzugekommen, die ich in meiner Karriere zuvor überhaupt nicht gekannt hatte. Aber da sind wir wieder bei dem Punkt: Je höher das Level, desto häufiger kommen Dinge hinzu, die man sich entweder aneignet – oder man bleibt stehen.

Ludwig Kaiser: "Man muss sich nicht mehr dafür schämen, Wrestling-Fan zu sein"

Sports Illustrated: Aktuell passiert sehr viel in der Wrestling-Welt, vor allem in Deutschland: Am 31. August steigt mit Bash in Berlin das erste Premium Live Event der WWE überhaupt in Deutschland. Was kann der Bash für die Wrestling-Szene in Deutschland auslösen?

Kaiser: Ich persönlich merke, dass sich im Vergleich zu damals die Aufmerksamkeit der großen Masse verändert. Früher, in den 1990ern, war Wrestling eher eine Randerscheinung, fast schon bizarr. Jetzt gerade bewegen wir uns aber dahin, dass Wrestling einfach wieder cool ist. Wo man sich nicht mehr dafür schämen muss, wenn man Wrestling-Fan ist.

Sports Illustrated: Und wie genau merken Sie das persönlich?

Kaiser: Wenn wir in Deutschland sind, treffe ich auf eine ganz andere Masse an Leuten. Ich werde auf einmal öfter angesprochen, stehe plötzlich noch viel intensiver in der Öffentlichkeit. Und man markt auch mit dem Netflix-Deal, durch den die WWE ab 2025 in den USA bei dem Streaming-Dienst läuft, dass eine neue, junge Zielgruppe angesprochen wird. Deswegen glaube ich, dass wir schon in einem Boom sind – aber dass da noch viel mehr kommen kann und hoffentlich auch wird. 

Ludwig Kaiser (re.) im Ring gegen WWE Universal Champion Cody Rhodes
Ludwig Kaiser (re.) im Ring gegen WWE Universal Champion Cody Rhodes
Credit: Imago
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"Ich glaube, dass wir endlich diesen Sprung geschafft haben, dass Menschen Wrestling für das anerkennen können, was es ist." 

– Ludwig Kaiser 

Sports Illustrated: Nun wird Wrestling ja oft als „Fake“ und – wie Sie schon sagten – „bizarr“ abgetan. Wie kann das dann bei der jungen, aufgeklärten und reflektierten Zielgruppe ankommen?

Kaiser: Ich glaube, diese Generation kann Entertainment heutzutage einfach so sehen, wie es ist. Wenn ich einen Zauberer sehe, dann will ich nicht mehr unbedingt wissen, wie er das macht, sondern ich will einfach die Show und sein Talent genießen. Oder mit Netflix: Wir wissen alle, dass Reality-Show-Formate nicht immer die Wirklichkeit abbilden. Aber wir können es für das lieben, was es ist. Ich glaube, das ist mit Wrestling das gleiche. Am Ende des Tages möchte der Zuschauer nicht für dumm verkauft werden. Und ich glaube, dass wir endlich diesen Sprung geschafft haben, dass Menschen Wrestling für das anerkennen können, was es ist.

Sports Illustrated: Und das wäre?

Kaiser: Niemand auf der Welt kann eine unterhaltende Produktion und eine Show wie die WWE liefern. Wenn man einmal bei so einem Premium Live Event dabei ist, weiß man, was das für eine besondere und einzigartige Erfahrung ist. So ein Event ist wie ein Lebensereignis. Und ich glaube, das wird auch in Berlin so sein. Das wird gut. 



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