Olympische Spiele

Nele Weßel: "Man muss an die Athleten glauben und trotzdem investieren"

Nele Weßel spricht im Interview mit Sports Illustrated über ihre ersten Olympischen Spiele in Paris. Sie erzählt von ihren Erlebnissen im olympischen Dorf, was sich im deutschen Sport ändern muss und der Inspiration durch ihre Mutter.

Nele Wessel
Credit: Imago
  • Nele Weßel über ihre ersten Olympischen Spiele in Paris
  • Eindrücke vom Leben im Olympischen Dorf
  • So inspirierte Weßels Mutter ihre Tochter

Nele Weßel gehört zu den besten deutschen Mittelstreckenläuferinnen. Die 24-Jährige vertrat Deutschland bei den Olmypischen Spielen. Wir haben die Markenbotschafterin von New Balance in Paris zum Interview getroffen.

Sports Illustrated: Wie war Ihr erster Eindruck von Paris und wie bewerten Sie den Wettkampf allgemein? Wie fühlt es sich an, eine Olympionikin zu sein? 

Nele Weßel: Da es meine ersten Olympischen Spiele sind, ist es natürlich etwas völlig anderes als jeder andere Wettkampf. Ich glaube, dass es am Anfang ein bisschen überwältigend sein kann, weil man einfach hineingeworfen wird, ohne wirklich darauf vorbereitet zu sein, wie intensiv und großartig alles ist. Es ist unglaublich cool, in die Mensa zu gehen und all die Stars aus anderen Sportarten zu treffen und zu sehen, wie sie sich verhalten und neue Leute kennenzulernen. Ich war vorher noch nie in Paris, also war es auch mein erster Besuch hier, und es war wirklich wunderschön.

Sports Illustrated: Was war Ihr schönstes Erlebnis, sportlich und allgemein?

Weßel: Es gab nicht diesen einen besonderen Moment, sondern ich denke, das Leben im olympischen Dorf mit den anderen Sportlern zusammen zu sein, war das größte Erlebnis für mich. Nicht wie bei den letzten Olympischen Spielen zu Hause vor dem Fernseher zu sitzen und alles nur anzusehen, sondern tatsächlich Teil davon zu sein. Das war schon immer ein Traum von mir. Man macht sich viele Gedanken darüber, wie das Dorfleben abläuft, und diese gesamte Erfahrung ist wirklich das Größte für mich.

Sports Illustrated: Wie schätzen Sie die aktuelle Situation des deutschen Sports ein, und was würden Sie sich wünschen, um das Training oder die Förderung zu verbessern?

Weßel: Ich denke, das ist nicht nur ein Thema in der Leichtathletik, sondern auch in anderen Sportarten. Wenn man sich beispielsweise die USA oder andere große Nationen ansieht, ist der Fokus auf den Sport dort ein ganz anderer als bei uns in Deutschland. Es ist wichtig, Sportler zu fördern, auch wenn es am Anfang nicht gleich läuft oder man eine Verletzung hat. Man muss an die Athleten glauben und trotzdem investieren. Ich selbst war die letzten vier Jahre in keinem Kader und habe keinen Cent bekommen. Glücklicherweise habe ich einen Arbeitgeber, der mich unterstützt, und das ist wirklich das Wichtigste.

Sports Illustrated: Wie wichtig ist die Unterstützung durch Sponsoren wie New Balance für Sie?

Weßel: New Balance ist mein erster Hauptsponsor, und ich bin unglaublich dankbar, dass sie letztes Jahr auf mich zugekommen sind, bevor ich diese größeren Erfolge erzielt habe. Sie haben an mein Potenzial geglaubt und mich seitdem unterstützt. Ich kann nicht dankbarer dafür sein. Es bedeutet mir sehr viel, dass sie mir ihr Vertrauen geschenkt haben, und ich freue mich, dass ich das jetzt mit meiner Teilnahme an den Olympischen Spielen zurückgeben konnte, auch wenn die Spiele nicht so verlaufen sind, wie ich es mir erhofft hatte. Es ist eine große Erleichterung, sich keine Sorgen mehr machen zu müssen, wie man sich die Ausrüstung leisten kann.

Sports Illustrated: Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Entwicklung und gibt es Bereiche, die Sie verbessern möchtest?

Weßel: Ich bin sehr zufrieden mit meiner Entwicklung. Letztes Jahr im Februar bin ich mit einer persönlichen Bestzeit von 4:14 Minuten über 1500 Meter aus der Hallensaison gegangen und bin jetzt im Juni eine 4:04 gelaufen. Das ist eine Verbesserung von zehn Sekunden in etwas mehr als einem Jahr. Wenn ich gesund bleibe und weiter trainiere, glaube ich, dass noch viel mehr möglich ist. Die Olympischen Spiele sind nicht so gelaufen, wie ich es mir gewünscht hätte, und ich denke, dass deutlich mehr drin gewesen wäre. Es war eine große mentale Herausforderung, mein erster Wettkampf auf der internationalen Weltbühne. Aber solche Wettkämpfe zählen zur Erfahrung, und ich hoffe, dass ich es in den nächsten Jahren besser machen kann.

Sports Illustrated: Hatten Sie Vorbilder, als Sie jünger waren, oder gab es Inspirationen aus Ihrer Umgebung?

Weßel: Ich hatte nie ein richtiges Kindheitsvorbild, aber meine Mama, Kathrin Weßel, war selbst dreimal bei Olympischen Spielen und ihre Karriere ist beeindruckend. Sie war immer ein Vorbild für mich, auch wenn ich anfangs dachte, dass ich nie die gleiche Disziplin machen würde wie sie. Aber ich habe mich sehr an ihr orientiert.

Sports Illustrated: Was sind Ihre Pläne nach Olympia?

Weßel: Ursprünglich dachte ich, ich würde mich nach Olympia erstmal ausruhen, aber jetzt, wo ich seit ein paar Tagen fertig bin, habe ich mit meinem Trainer gesprochen und möchte auf jeden Fall noch Wettkämpfe machen. Mal sehen, wo ich noch reinkomme und was möglich ist. Aber das Wichtigste ist jetzt, Spaß zu haben und nicht zu verkrampfen. Die Weltmeisterschaften nächstes Jahr sind erst spät, und dafür bleibt noch viel Zeit.



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