Extremer Druck bei EM! So geht Julian Nagelsmann am besten damit um
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Für Julian Nagelsmann ist es das erste große Turnier als Bundestrainer. Und das bei einer Heim-EM. Eine ganz besondere Drucksituation. Wie man damit erfolgreich umgeht, könnten ihm Didier Deschamps und Gareth Southgate erklären, die zwei Trainer, die ihre Teams 2016 in Frankreich und 2021 in England in gleicher Konstellation vor eigenem Publikum jeweils ins EURO-Finale führten.
Julian Nagelsmann: Gelassenheit braucht Glaubwürdigkeit
Was die beiden angesichts des Drucks im eigenen Land vor allem ausmachte: Gelassenheit. Eine gelassene "Ich weiß, was ich tue"-Haltung strahlt Vertrauen, Sicherheit und Perspektive aus. Nach innen wie nach außen. Als mir DFB-Sportdirektor Rudi Völler zuletzt von seinen Turniererfahrungen 2002 und 2004 erzählte, sagte er: "Als Trainer musst du das Gefühl im Team entwickeln, wir kriegen das zusammen hin." Richtig.
Als Leader hast du in schwierigen und angespannten Situationen zu funktionieren, denn du stehst gleichermaßen unter Beobachtung. Zögern, Unsicherheit, Zweifel werden in der Krise als Schwäche wahrgenommen – mit gravierenden Folgen: Autorität und Respekt nehmen ab, die Einheit bröckelt. Doch Gelassenheit braucht Glaubwürdigkeit, aufgesetzte Sicherheit fliegt auf. In meinen Coachings fragen mich Trainer und Führungskräfte oft: Aber wie eigne ich mir diese Haltung an?
Nagelsmann und DFB-Team: Fokus auf eigene Stärken legen
Ich unterstütze Führungskräfte darin, dass sie den Fokus auf die eigenen Stärken legen. Jeder Mensch hat seine eigene Herangehensweise – dementsprechend muss man sich nicht kleiner machen, als es notwendig ist. Sich nicht zu viel mit anderen zu vergleichen, sondern sich und seinen Methoden zu vertrauen – das verhilft zur Gelassenheit.
Hilfreich ist auch eine perfekte Vorbereitung. Dazu gehört ebenso, sich intensiv mit Worst-Case-Szenarien zu beschäftigen, damit man für alle Eventualitäten gewappnet ist. Ich frage auch oft, ob es im Umfeld Leute gibt, die man fragen kann: Was ist an meiner Idee schlecht? Wo sind Schwachpunkte? Was müsste passieren, damit es schiefgeht?
Und wenn tatsächlich ein Rückschlag zu verdauen ist, geht es um "self-coaching". Wenn die Gedanken toben und Emotionen hochkommen, die man vermeiden möchte, hilft es, darin geübt zu sein, sich innerlich zu beruhigen. Wie das geht? Eine ruhige und konzentrierte Atmung hilft, auch ein "Break", indem man sich kurz aus der Situation rausnimmt. Geht beides nicht, dann kann das bereits angesprochene Durchdenken des Worst-Case-Szenarios helfen. Die Vorstellung, dass manche Konsequenz gar nicht so wild ist, wie man sich das gedacht hat, lässt einen souveräner werden.
Mounir Zatouni: "In der Ruhe liegt definitiv eine Kraft"
Positives Denken ist ein Schlüssel. Das Gute im Schlechten zu erkennen und Lehren aus der negativen Situation zu ziehen und für sich mitzunehmen. Eine andere hilfreiche und vor allem erdende Vorstellung ist, sich gewahr zu werden, dass die eigene aktuelle Lage verglichen mit drastischeren Problemen auf der Welt wohl nicht ganz so dramatisch ist. Doch angesichts eines Tiefschlages ist vor allem Akzeptanz elementar.
Die Dinge so zu nehmen, wie sie kommen, ist wesentlich. Den Ereignissen ins Auge zu schauen, die Geschehnisse zu benennen, zeugt von Stärke. Verantwortung für das eigene Tun übernehmen, wohlwissend, dass Dinge nicht rückgängig gemacht werden können. Ottmar Hitzfeld sagte mir in einem Gespräch: "Wenn man die Nerven verliert, verliert man Autorität. Die Spieler wollen geführt werden, sie brauchen jemanden, der sie unterstützt." In der Ruhe liegt definitiv eine Kraft. Und die wünsche ich in den nächsten Wochen vor allem Julian Nagelsmann.
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