Leichtathletik

Lückenkemper über Olympia, Entbehrungen und Kritik an deutscher Leichtathletik

Gina Lückenkemper ist Deutschlands Sprint-Star und die Hoffnungsträgerin für die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Sports Illustrated hat die 27-Jährige exklusiv fotografiert und interviewt. Hier spricht sie über Olympia, Entbehrungen und Kritik.

Gina Lückenkemper
Credit: Magnus Lechner
 

 

Gina Lückenkemper spricht im großen Cover-Interview unter anderem über…

...ihre Aussichten für Paris: "Ich habe das Gefühl, dass da etwas Großes in den Beinen schlummert. Dass da etwas Ordentliches kommt, das es gilt, auf die Bahn zu bringen. Wenn das gelingt, stehen die Zeichen gut, dass ich mir den Traum vom ersten Olympia-Einzelfinale erfüllen kann. Das ist erst mal das Ziel. Im Finale werden die Karten sowieso neu gemischt, dann ist alles möglich."

...die Finanzierung ihres Trainings in den USA: "Ich reinvestiere meine Sponsorengelder. Das Training, das ich in den USA mache, schenkt mir keiner. Da ist niemand, der sagt: ,Gina, ich finde das so cool, was du da machst. Komm, ich bezahle dir den ganzen Bums.‘ Ich finanziere das alles selbst. Ich zahle meine Flüge, Unterkunft, Mietwagen, Trainer."

Gina Lückenkemper
Gina Lückenkemper
Credit: Magnus Lechner
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...die Opfer, die das Training in den USA fordert: "Ich würde lügen, wenn ich sage, ich hätte noch nie Zweifel daran gehabt, ob das komplett richtig ist, so viel Zeit weg von zu Hause zu verbringen. Ich bin ein totaler Familienmensch. Ich sitze auf einem anderen Kontinent, habe sechs Stunden Zeitverschiebung. Ich gehe deswegen auch schon um 20 oder 21 Uhr schlafen, um am nächsten Tag früh aufzustehen und mit allen zu Hause in Kontakt zu sein. Aber trotz allem: Ich wüsste keinen anderen Ort auf der Welt, wo ich all das lernen könnte. Auch wenn es hart und von Entbehrungen geprägt ist, sind das Dinge, die es mir wert sind."

...ihre 2017 aufgestellte 100-Meter-Bestzeit von 10,95 Sekunden: "In Deutschland wird ein Athlet immer aufgrund seiner persönlichen Bestleistung definiert. Das ist, sorry, Bullshit. Eine persönliche Bestleistung zeigt für mich lediglich das Potenzial eines Athleten. 10,95 Sekunden sind mein Potenzial. Aber diese Zeit definiert nicht, was ich für eine Sprinterin bin. Was für mich am Ende zählt, ist der ZIP-Code. Der berechnet sich aus dem Durchschnitt der zehn besten Leistungen. Meiner liegt aktuell bei 11,00 Sekunden. Ich habe also eine andere Sichtweise auf Leistungen – was ich erst in den USA gelernt habe. Für mich war es lange frustrierend, dieser Bestzeit hinterherzulaufen. Deswegen hat mir diese neue Interpretation unfassbar gutgetan. Und das Schönste ist es, wenn man diesen ZIP-Code immer weiter herunterschrauben kann. Ich möchte ihn unter elf Sekunden bringen und damit eine ,Sub Eleven‘-Sprinterin sein."

...die Kritik an der deutschen Leichtathletik nach der medaillenlosen WM 2023: "Ich glaube, dass wir vieles zu negativ sehen. Das ist nichts Neues. Gerade in den Sportmedien wird gerne mal draufgehauen, das bleibt in den Köpfen der Leute hängen. (…) Ja, die deutsche Leichtathletik steht aktuell nicht ganz so gut da, und ja, es muss sich etwas verändern. Aber seit wann sind Veränderungen etwas, das im Vorbeigehen passiert? So funktionieren weder der Sport noch die Welt. Als Außenstehender ist es leicht zu sagen: Streng dich mehr an, lauf einfach schneller, spring oder wirf einfach weiter. Aber auf dem Level, auf dem wir das betreiben, ist das nicht so einfach – und das wird oftmals nicht richtig wertgeschätzt."

Gina Lückenkemper
Gina Lückenkemper
Credit: Getty Images
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