Olympische Spiele

Schwimm-Star Wellbrock: "Möchte mit Olympiamedaille nach Hause kommen"

Florian Wellbrock zählt zu den besten Schwimmern in Deutschland - und zu den ganz großen Medaillenhoffnungen für die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Im Sports-Illustrated-Interview spricht er über Olympia, seine Karriere und Motivation.

Schwimm-Star Florian Wellbrock
Credit: Arena
 

 

Sports Illustrated: Wann haben Sie mit dem Schwimmen begonnen und warum?

Florian Wellbrock: Meine Eltern haben mich damals einfach ins Wasser geworfen, damit ich schwimmen lerne. Das ist für jedermann wichtig. Ich habe mich vom ersten Moment an im Wasser wohlgefühlt. Dann habe ich mein Seepferdchen und die ganzen Abzeichen gemacht und bin immer besser geworden. Dann war ich in Bremen an der Sportschule und habe 2014 gemerkt, dass ich noch professionell trainieren möchte und bin nach Magdeburg gezogen.

Sports Illustrated: Wie alt waren Sie, als Sie Ihre Eltern ins Wasser geworfen haben?

Wellbrock: Das war in Bremen in Osterholz im Schwimmbad. Da war ich so vier, fünf Jahre alt. Meine Eltern hatten aber an alles gedacht und mir einen Schwimmgürtel aus Styropor umgeschnallt, damit ich nicht untergehe. 

Sports Illustrated: Sie sind vor zehn Jahren nach Magdeburg gewechselt. Wie schwer war es, sich in der neuen Umgebung anzupassen? 

Wellbrock: Das war im August 2014. Ich muss sagen, dass das für mich als 17-Jähriger schon eine enorme Umstellung war. Ich hatte damals gerade meinen Geburtstag gefeiert und bin dann raus aus dem Elternhaus. Ich musste mich um alles selbst kümmern wie Wäschewaschen und Einkaufen gehen. Das war am Anfang nicht leicht.

Sports Illustrated: Wie schnell haben Sie Anschluss in Magdeburg gefunden?

Wellbrock: Trotz der großen Umstellung hatte ich kaum Heimweh. Meine neue Trainingsgruppe hat mich super aufgefangen. Das ist für mich immer noch ein unheimlich wichtiger Punkt in meinem Leben, diese Trainingsgruppe. Viele Athleten sind extra nach Magdeburg gezogen, um die perfekten Bedingungen fürs Training zu haben. Diese Leute sind für mich so etwas wie eine Ersatzfamilie geworden. 

Schwimm-Star Florian Wellbrock
Schwimm-Star Florian Wellbrock
Credit: Arena
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Sports Illustrated: Was ist beim SC Magdeburg besser als in Bremen?

Wellbrock: Die Verknüpfung von Schule und Training ist perfekt. Als Schwimmer hat man in Magdeburg mehr Wasserzeiten und man kann öfter trainieren. Die Trainer sind besser ausgebildet und die Trainerteams deutlich größer. Man hat in der Trainingsgruppe viele Gleichgesinnte um sich herum, die ebenfalls ganz nach oben wollen. In Bremen war es so, dass ich den Schwimmsport eher als Hobby betrachtet habe und nicht diesen Wettkampfgedanken hatte. In Magdeburg hat jeder das Ziel, bei den Olympischen Spielen zu starten. 

Sports Illustrated: Von der Kurzbahn bis zum Freiwasser-Schwimmen. Warum beherrschen Sie alle Strecken so gut? 

Wellbrock: Ich denke, es ist eine Mischung aus Talent und hartem Training. Ich glaube, dass ich beim Schwimmen nicht ganz untalentiert bin. Aber nur mit Talent allein kann man nicht viel anfangen, wenn man für seine Ziele nicht hart genug arbeitet.

Sports Illustrated: Weshalb haben Sie sich auch fürs Freiwasser-Schwimmen entschieden?

Wellbrock: Mein Trainer hatte das Freiwasser-Schwimmen bereits mit einigen anderen Athleten erfolgreich ausprobiert. Als ich einen großen Leistungssprung über 1500 Meter gemacht hatte, war das so eine Idee, dass ich das mal ausprobiere. 2017 hatte ich meinen ersten Weltcup am Balaton in Ungarn. Da habe ich mit 15 Sekunden Vorsprung gewonnen. Das war ein Riesending und eine Überraschung für mich. Es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht und seither fahre ich zweigleisig.

Sports Illustrated: Was treibt Sie als Schwimmer an? Was ist Ihre wichtigste Motivation?

Wellbrock: Es ist dieser eine Moment, in dem man als Erster im Ziel anschlägt und realisiert, dass man der Beste der Welt ist. Das motiviert mich. Aber ich bin auch jemand, der den Trainingsprozess genießen kann. Also mit der Trainingsgruppe unterwegs sein, Spaß mit den Jungs und Mädels zu haben und sich gegenseitig im Wasser pushen. Dieser ganzen Weg - vom ersten bis zum letzten Tag der Saison zu schauen, wie man sich entwickelt - das macht Spaß.

Sports Illustrated: Sind Sie als Schwimmer bereits am Leistungslimit? Oder geht noch mehr?

Wellbrock: Natürlich muss man das biologische Alter im Auge behalten. Aber ich denke, dass ich noch an ein paar Schrauben drehen kann, um besser zu werden. Das sind vor allem technische Elemente und Kraftelemente, die ich noch verbessern kann. Weil ich relativ spät mit dem professionellen Training begonnen habe, kann ich auch ein paar Dinge über die Trainingssteuerung beeinflussen.

Schwimm-Star Florian Wellbrock
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Credit: Arena
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Sports Illustrated: Welche Rolle spielt das Material bei Ihrem Schwimmanzug?

Wellbrock: Das Material spielt eine große Rolle. Arena ist im Schwimmsport Marktführer. Wenn man sich die Medaillenplätze anschaut, sind es fast immer Athleten in Arena-Schwimmanzügen. Je mehr Stoff man am Körper hat, umso wichtiger sind Aerodynamik und Qualität des Materials. Gerade im Freiwasser wird alles immer professioneller. Da sollte man auf das richtige Material setzen. Es spielt eine ausschlaggebende Rolle, um schneller und stromlinienförmiger zu sein. Dabei kommt es auf die Gleitfähigkeit und den Auftrieb an. Es gibt sogar Athleten, die einen anderen Sponsor haben. Sie nehmen sich aber einen Arena-Anzug und kleben das Logo ihres Sponsors drüber. 

Sports Illustrated: Wie gehen Sie mit Schmerz im Training und beim Wettkampf um?

Wellbrock: Man muss sich im Training oder beim Wettkampf schöne Bilder am Kopf vorstellen und wissen, wofür man das alles macht. Dann kann man den Schmerz eine relativ lange Zeit aushalten. Es ist alles reine Kopfsache.

Sports Illustrated: Wie viele Jahre trauen Sie sich noch auf absolutem Topniveau zu?

Wellbrock: Mein Plan geht auf jeden Fall bis Los Angeles 2028. Für mich ist wichtig, dass ich Spaß daran habe, was ich mache und dass der Körper alles mitmacht. Sollte ich zwei Jahre vor Los Angeles feststellen, ich habe keine Lust mehr, würde ich meine Karriere auch früher beenden. Aber solange ich Spaß habe, ist alles OK.

Sports Illustrated: Sie sind seit 2021 mit Schwimmerin Sarah Wellbrock verheiratet. Hand aufs Herz: Waren Sie vor Ihrer Hochzeit oder vor dem Olympia-Start in Tokio aufgeregter?

Wellbrock: Meine Hochzeiten war etwas Neues und sehr Emotionales. Ich würde behaupten, dass ich auf den Start bei den Olympischen Spielen definitiv besser vorbereitet war. Beim Heiraten hatte ich keine Routine, das war aber auch gut so.

Sports Illustrated: Wie sehen Ihre Ziele für Olympia 2024 in Paris aus?

Wellbrock: Ich möchte auf jeden Fall mit einer Olympiamedaille nach Hause kommen. Aber es ist immer schwierig zu sagen, ich bin Titelverteidiger und hole Gold. Dafür ist im Freiwasser mittlerweile alles zu eng zusammen. Aber wenn ich bei meinen zwei Starts eine Medaille hole, wäre ich sehr glücklich.

Sports Illustrated: Wie gehen Sie in die Wettbewerbe? Haben Sie eine gewisse Taktik?

Wellbrock: Beim 1500-m-Rennen ist es immer eine individuelle Taktik. Da hat man einen genauen Fahrplan und weiß, dass man von Anfang an Gas geben muss und das durchzieht. Beim Freiwasser hat man in der Regel immer einen Plan A, B und im schlimmsten Fall noch einen Plan C. Diese Strategie muss dann aufgehen, wenn es für eine Medaille reichen soll.  

Sports Illustrated: Muss man sich den Freiwasser-Start ein bisschen wie Wasserball vorstellen, wo gerangelt und gekratzt wird?

Wellbrock: Es kommt immer darauf an, wen man neben sich im Wasser hat. Es gibt ein paar Athleten, die prädestiniert dafür sind zu hauen und zu stechen. Das macht nicht so viel Spaß. Ich bin der Meinung, dass es ein faires Miteinander geben muss. Ich hatte beim Start bislang noch keine Probleme, weil mich meine Gegner gerne vorneweg schwimmen lassen. Deswegen bin ich bisher stets ohne blauen Flecken aus dem Wasser gekommen. 

Sports Illustrated: Sie haben eine Ausbildung zum Immobilienkaufmann absolviert. Warum haben Sie sich dafür entschieden. Wollen Sie nach Ihrer Schwimm-Karriere in diesem Bereich arbeiten?

Wellbrock: Ja, auf jeden Fall. Die Ausbildung über drei Jahre war sehr hart und anstrengend. Aber ich habe eine Menge gelernt und konnte mich persönlich weiterentwickeln. Immobilien sind ein interessanter und sicherer Sektor.

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