Fußball

"Mehr Filet statt Langatmigkeit": Darum geht es bei der Icon League

Die Icon League von Toni Kroos und Elias Nerlich ist gestartet. Das steckt hinter der Idee, den Stars, den Zielen und den Playern der Kleinfeldliga – und was die Icon League anders als die Konkurrenz machen will. Ein Besuch bei Kroos und Co.

Toni Kroos und Elias Nerlich von der Icon League
Credit: Michael Romacker
 

Schlagartig drehen sich die Köpfe im Innenhof des Admiralspalasts in eine Richtung. Aus dem Auto, das an der Friedrichsstraße in Berlin-Mitte gehalten hatte, unter dem dunklen Torbogen hindurch, vorbei an der Eingangskontrolle und zahlreichen Security-Mitarbeitern, hat Toni Kroos den lila Teppich betreten.

In den Minuten zuvor liefen bereits unter anderem Fußball- Legende Claudio Pizarro, Rap-Stars wie Luciano und Bausa oder Moderatoren-Größen wie Wolff Fuss und Laura Wontorra über das ausgerollte Stück Stoff und an den Fotografen vorbei. Bei Deutschlands erfolgreichstem Fußballer aller Zeiten fallen die Reaktionen der geladenen Gäste jedoch noch mal anders aus: Fast schon ungläubige Blicke verfolgen, wie Kroos – in schwarzem Hemd, schwarzer Hose, eingerahmt von weißen Schuhen und wasserstoffblond gefärbten Haaren – seinen Weg in Richtung Foyer der Veranstaltung macht.

Erfolgsrezept Icon League: Aufmerksamkeitsspanne und Aura?

„Aura“: Ein Kandidat für das Jugendwort des Jahres 2024 passte selten so treffend. „Da ist Toni Kroos“, wird geflüstert. Es ist jedoch ein anderer Kroos. Nicht jener, der in Kürze präzise Pässe über das Feld schlagen wird, sondern vielmehr der, der auf der Bühne gleich seinen ersten Auftritt in neuer Funktion geben wird: als Unternehmer und Präsident der Icon League.

Die Icon League ist das neueste Projekt innerhalb des Hallen- respektive Kleinfeldligabooms in der mediatisierten Fußballwelt. Zusammen mit Unternehmer und Streamer Elias Nerlich kündigte der damals noch aktive Fußballer Kroos im November 2023 das Projekt an. Knapp ein Jahr später, am 1. September 2024, stieg in der Kölner Lanxess Arena der erste Spieltag der Icon League. Aber warum eigentlich?

”Der Fußball bleibt ein Massenphänomen“, sagt Kroos wenig später nach seiner Ankunft beim Draft Day der Icon League auf die Frage, ob es denn einen konkreten Denkanstoß für die Liga gab. „Trotzdem habe ich für mich festgestellt, dass ich früher viel Bundesliga geschaut habe, über die Jahre wurde es aber immer weniger. Da fragt man sich natürlich: Warum?“

Toni Kroos: "Garantiert, dass in jedem Spiel viel passiert"

Für Kroos selbst sei der Grund gewesen, „dass der Spannungsbogen in gewissen Spielen einfach nicht zu halten ist und dass einem während der 90 Minuten teilweise zu wenig passiert“. Das läge einerseits an der Rarität von Ereignissen, andererseits aber auch an der Spielweise, sagt Kroos. „Dazu gibt es viele Spielunterbrechungen und Nichtigkeiten, die unnötig sind.“

"Mehr Filet, weniger Langatmigkeit"

– Wolff Fuss über die Icon League

Jenen Entwicklungen, so Kroos, möchte man also mit der Icon League und ihren Regeln entgegenwirken: Fünf gegen fünf, mit Bande, kein Abseits, zweimal zwölf Minuten, die letzten zwei Minuten jeder Halbzeit sind Nettospielzeit. Unentschieden gibt es nicht. Bei gleichem Spielstand entscheidet das Golden Goal, während pro Minute ein Spieler vom Feld muss. Fällt das Tor nicht, gibt es Neunmeterschießen. „Bei uns ist garantiert, dass in jedem Spiel viel passiert“, sagt Kroos. Oder wie es Fuss ausdrückt: „Mehr Filet, weniger Langatmigkeit.“

Eine Eigenschaft, die vor allem in der modernen Sportwelt wichtig sei, sagt auch Fabian Reese, Kapitän von Hertha BSC und ein Teamhead bei der Icon League. „Sicherlich ist es so, dass man manchmal bei einem zähen Spiel abdriftet und dass wir in unserer heutigen Zeit mittlerweile viel intensivere und enger aneinander getaktete Reize gewohnt sind.“

Fabian Reese beim Draft Day der Icon League
Fabian Reese beim Draft Day der Icon League
Credit: Michael Romacker
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Die Icon League spreche deshalb zwar grundsätzlich „jeden Fußballfan“ an, erklärt Kroos, „aber durch unser Produkt wohl eher die jüngere Zielgruppe. Dort wird die Aufmerksamkeitsspanne kürzer, was unter anderem einfach an der Welt der sozialen Medien liegt.“ Entwicklungen, die etwa bereits bei der FIFA Diskussionen über Änderungen der Spieldauer und -modi angestoßen haben.

Kroos: "Rasanz"-Comeback des Budenzaubers

Eine Konkurrenz zum etablierten, klassischen Fußball oder gar der Bundesliga wolle man mit der Icon League trotzdem nicht sein, betont Kroos mehrmals. Vielmehr eine „Option“, „Ergänzung“ oder eben „Alternative“. Auch Fuss sagt: „Klar ist, dass der Fußball, so wie er existiert, über 90 Minuten existiert. Und dass die Leute, die sich dafür interessieren, sich das auch weiterhin 90 Minuten angucken werden.“

Ein Stück Bundesliga-Geschichte steckt dann aber doch in der Icon League: Bei den Regeln orientierte man sich unter anderem an den Budenzauber-Turnieren der 1990er-Jahre, als Bundesligisten in der Halle gegeneinander antraten. „Das ist im Grunde auch das, was wir zurückbringen wollen: diesen Spaß, diese Kurzlebigkeit, die Rasanz“, erklärt Kroos.

Auf dem Feld sollen dafür hauptsächlich Amateure und (ehemalige) Profis, die am Draft Day den einzelnen Teams zugeteilt wurden, sorgen. Für Strahlkraft neben dem Platz sind die zahlreichen namhaften Teamheads zuständig: Franck Ribéry, David Alaba, Antonio Rüdiger, Robert Andrich, Alphonso Davies und Benjamin Henrichs sind nur einige Namen aus der Fußballbranche, die ein Team besitzen.

Icon League: "Symbiose" aus Stars, Show und Sport

Neben NHL-Profi Leon Draisaitl oder den Moderatoren Wontorra und Fuss gehören außerdem verschiedene Gesichter aus der Musik- und Entertainment-Branche wie eben Luciano, Bausa oder die Streamer Niklas-Wilson Sommer und Anton Rinas alias „ViscaBarca“ zu den Teamheads.

Laura Wontorra auf dem lila Teppich der Icon League
Laura Wontorra auf dem lila Teppich der Icon League
Credit: Michael Romacker
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Die Rechnung ist einfach: Anhänger und Aufmerksamkeit, die jeder Star mitbringt, ergeben in Addition astronomische Reichweiten. Oder eine „Symbiose“, wie es Rapper und Teamhead Ski Aggu nennt. Der Berliner gehört aktuell zu den erfolgreichsten Musikern Deutschlands und glaubt, „dass Kids, die sich vielleicht gar nicht so krass für Fußball interessieren, aber für ihren Lieblingsrapper, der bei der Liga dabei ist, sich das dann geben und vielleicht mehr zum Fußball finden“.

Kroos so cool wie nie

Gespielt wird in der Icon League jeden Montag in Düsseldorf. Bei 14 Mannschaften und dem Jeder-gegen-jeden-Modus macht das 13. Spieltage. Am 2. Dezember steigen die Play-ins, das große Finale dann am 15. Dezember im SAP Garden in München. Neben einem Pokal und Ringen für die Spieler erhält der Sieger 500.000 Euro Preisgeld. Zu sehen ist die Icon League kostenlos per Livestream auf dem eigenen und dem Twitch-Kanal von Nerlich – einem der reichweitenstärksten Streamer der Welt. Bereits beim Draft Day schalteten im Durchschnitt knapp 100.000 Menschen ein und sahen, wie Kroos neben Nerlich das Event moderierte.

Für den 34-Jährigen ist es der Beginn der Karriere nach der Karriere, die wohl kaum zu einem besseren Zeitpunkt hätte starten können. Nach seinem DFB-Comeback war Kroos’ Popularität in Deutschland selten höher, Kroos so cool wie nie. Er ist neben Nerlich Präsident und Gesicht der Liga, die Teamheads oft Weggefährten, die er per Telefon vom Projekt überzeugte.

Neue Rolle: Toni Kroos als Moderator bei der Icon League
Neue Rolle: Toni Kroos als Moderator bei der Icon League
Credit: Michael Romacker
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Hinter den Kulissen gibt es hingegen mehrere Player bei der Umsetzung der Icon League: „360Media“, eine Vermarktungs- und Medienagentur, die neben Kroos unter anderem auch Bundestrainer Julian Nagelsmann betreut, „Rabona“, eine Agentur, die Nerlich und dessen Unternehmen in Medienbelangen unterstützt, und „Two Sides“, ein Musiklabel, das unter anderem mit Apache 207 zusammenarbeitet.

Vielfältige Business-Erfahrung, die sich neben der Akquise der Stars und der professionellen Umsetzung der Liga auch an deren Partnern bemerkbar macht: So stammte beispielsweise das Auto, aus dem Kroos in Berlin ausstieg, von Hersteller Nissan – einem Sponsor der Icon League.

Baller League und Kings League: Was ist anders?

Das ist sie also, die neue Icon League: Stars aus der Sport- und Unterhaltungswelt, die sich zusammengetan haben, um einen neuen, aufregenderen Fußballmodus zu bieten, der die aufmerksamkeitsbeschränkte Generation Z besser abholen soll und damit gleichzeitig ein enormes Vermarktungspotenzial besitzt. Nur: Gibt es das nicht schon?

Als Vorreiter des Hallenfußballs der Neuzeit gilt Ex-Fußballer Piqué, der in Spanien eine Kleinfeldliga in den vergangenen Jahren zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten der La Liga aufbaute. In Deutschland lief bereits zu Beginn des Jahres die Baller League von und mit Mats Hummels und Lukas Podolski an. Im Sommer rief Streaming-Dienst DAZN die Infinity League ins Leben. Was macht die Icon League also anders?

Bei der Icon League geht es neben dem Preisgeld um einen Pokal und Ringe für die Spieler.
Bei der Icon League geht es neben dem Preisgeld um einen Pokal und Ringe für die Spieler.
Credit: Michael Romacker
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„Es geht nicht darum, etwas anders zu machen, sondern vielmehr darum, das zu tun, was wir für richtig halten. Dabei kommen automatisch andere Dinge heraus“, sagt Kroos, der darauf verweist, kein „Konkurrenzprodukt“ entworfen zu haben – und er sagt ganz offen: „Man kann dadurch, dass zum Beispiel die Baller League schon etwas früher gestartet ist, auch versuchen, ein Stück weit zu lernen: Was funktioniert, was funktioniert nicht?“

Ob und wie gut letztlich die Icon League funktioniert, bleibt abzuwarten. Was jedoch bereits festzuhalten ist: An Aura mangelt es nicht.



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