2. Bundesliga

KSC-Trainer Christian Eichner: "Wir fühlen uns in der Underdog-Rolle wohl"

Der KSC ist aktuell eines der besten Teams in der 2. Bundesliga. Im Sports-Illustrated-Interview spricht Cheftrainer Christian Eichner über die Stärken seiner Mannschaft, Drucksituationen und die schwere Aufgabe, den sportlichen Umbruch zu meistern.

KSC-Trainer Christian Eichner
Credit: Imago
  • KSC-Trainer Christian Eichner im Sports-Illustrated-Interview
  • Christian Eichner: "Die Mannschaft hat enormen Charakter"
  • Eichner große Stärke auch im zwischenmenschlichen Bereich
 

Sports Illustrated: Christian Eichner, wir führen dieses Gespräch in der Länderspielpause. Mögen Sie als Trainer solche Unterbrechungen? 

Christian Eichner: Überhaupt nicht. Es werden die gewohnten Abläufe einer Trainingswoche unterbrochen, man hat kein unmittelbares Ziel, auf das man am Wochenende hinarbeitet. In so einer Länderspielpause hat man zudem meist den ein oder anderen Spieler, der pausiert, obwohl er es in einer normalen Woche nicht getan hätte. Wir im Trainerteam sind dann gefordert, kreativ zu werden und in den Einheiten im Rahmen der Möglichkeiten den Spaß an einigen Stellen in den Vordergrund zu rücken. 

Sports Illustrated: Grund für Spaß dürfte es in ihrer Mannschaft aktuell geben – Sie sind in der 2. Bundesliga ungeschlagen. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe dafür? 

Eichner: Zuallererst hat die Mannschaft enormen Charakter. Sie erholt sich immer wieder von Rückschlägen und hat eine enorme Leidenschaft und Arbeitsbereitschaft. Zudem haben wir einfach viele gute Fußballer, die aktuell ein homogenes Gesamtbild ergeben. Das war nach dem Umbruch im Sommer so nicht unbedingt zu erwarten. 

Sports Illustrated: Sie verloren zentrale Säulen ihres Teams. Unter anderem gingen Lars Stindl, Jerôme Gondorf, Paul Nebel und Igor Matanovic.

Eichner: Da ging uns enorme fußballerische, aber auch menschliche Klasse verloren. Gleichzeitig gab es aber auch einigen frischen Gesichtern und Spielern, die zuvor in der zweiten Reihe waren, die Chance, sich zu zeigen. 

Sports Illustrated: Wann haben Sie das erste Mal gemerkt, wie viel Klasse im aktuellen Kader steckt? 

Eichner: Als wir zum Ende der Vorbereitung hin das erste Mal mit der, salopp gesagt, Ersten Elf gespielt haben. Da habe ich schon gemerkt, was fußballerisch möglich ist. Und auch im Training sieht man immer wieder, dass wir Übungen, die den Jungs vor zwei Jahren noch Schwierigkeiten bereitet haben, modifizieren müssen, um sie fußballerisch zu fordern. 

Sports Illustrated: Der aktuelle Lauf brachte den KSC zuletzt auch in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit. Verwundert Sie das, angesichts der konstanten Leistungen in den vergangenen Jahren? 

Eichner: Anfangs hat es mich verwundert. Als ich 2020 als Cheftrainer übernommen habe, haben wir nur knapp die Klasse gehalten und wurden im Folgejahr Sechster – trotzdem wurde das von kaum jemandem wahrgenommen. Das hat mich schon gewundert. Generell ist es in der 2. Bundesliga so, dass hauptsächlich auf die großen Namen der Liga und auf die beiden Extreme der Tabelle geachtet wird und der Rest ab und an so ein bisschen in Vergessenheit gerät. 

Christian Eichner (KSC-Trainer)
Christian Eichner (KSC-Trainer)
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Sports Illustrated: Woran liegt das?

Eichner: Ich würde mir wünschen, dass generell mehr darauf geachtet wird, was ein Verein im Verhältnis  zu seinen finanziellen Möglichkeiten leistet. Wenn wir mit dem KSC am Ende Zehnter werden, können wir im Innenleben des Vereins total zufrieden sein, auch wenn das extern anders gesehen wird. Da befindet man sich als Trainer in einem Spagat. 

Sports Illustrated: Tut Ihrer Arbeit mit der Mannschaft dieses medial ruhige Umfeld gut?

Eichner: Total. Wir fühlen uns in dieser Underdog-Rolle, mit allem was sie mit sich bringt, wohl. Wir werden jetzt auch nicht anfangen, uns in Spielen gegen Namen wie Schalke als Favorit darzustellen, nur weil die Tabelle aktuell etwas anderes sagt. Wir müssen uns zwar nicht kleiner machen als wir sind, aber dennoch realistisch bleiben. 

Sports Illustrated: Sie werden von der Öffentlichkeit aktuell in die Rolle des heimlichen Aufstiegsanwärters gedrängt. Was muss passieren, dass sich auch Ihre interne Zielsetzung ändert?

Eichner: Solche Träumereien darf jeder anstellen. Ich wäre der Erste, der sagt wir greifen an, wenn die Situation es als realistisch ausweisen würde. Nochmal: Andere Vereine in dieser Liga haben ganz andere Möglichkeiten wie wir. Wir tun gut daran, bei uns zu bleiben. Wenn wir konstant unsere Spiele gewinnen und in der Rückrunde oben dabei sind, dürfen Sie mich gerne nochmal fragen (schmunzelt.) 

Sports Illustrated: Ihre große Stärke als Trainer ist das Zwischenmenschliche. Wie schaffen Sie es bei der hohen Kaderfluktuation, zu neuen Spielern einen Draht zu finden?

Eichner: Das geht zum Glück relativ schnell. Im Trainerteam schauen wir immer, wie der Spieler auf verschiedene Formen der Ansprache reagiert und wie schnell er sich in die Kabine integriert. Da habe ich mittlerweile ein Gespür, mit jedem Spieler eine individuelle Ebene zu finden. 

Sports Illustrated: Allein deshalb müsste es Ihnen aber doch schwerfallen, einem Spieler zu sagen, dass er nicht spielt oder im Kader steht.

Eichner: Es gibt schönere Gespräche. Wichtig ist mir aber immer, solche Entscheidungen sauber zu kommunizieren und klarzumachen, dass es keine Entscheidung auf persönlicher Ebene ist. 

Christian Eichner (KSC-Trainer)
Christian Eichner (KSC-Trainer)
Credit: Getty Images
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Sports Illustrated: Sie gelten als Trainer, der wenig an seiner Startelf ändert. Dies kann Ihnen schnell als Sturheit ausgelegt werden. Nervt Sie das? 

Eichner: Die Fans sehen die Spieler nur am Wochenende, ich über die ganze Woche hinweg. Beispiel: Nur weil ein Spieler als Joker getroffen hat, bedeutet das nicht, dass er im nächsten Spiel von Beginn an spielen muss. Einem Externen fallen oft auch Dinge gar nicht auf, die wir einem Spieler explizit vorgegeben haben er kennt sie ja auch nicht. Oder: Nur weil ein Stürmer nicht trifft, heißt das nicht, dass er schlecht gespielt hat. Da werbe ich um mehr Verständnis, weil wir Trainer doch mehr Eindrücke haben. 

Sports Illustrated: Wie gehen Sie mit Kritik um?

Eichner: Grundsätzlich indem ich Sie meist gar nicht erst lese – weder positive noch negative. Ich bin auch nicht auf Social-Media-Portalen. Aus meinem Umfeld bekomme ich genug mit, wenn ich alles davon lesen würde, hätte ich ständig den Drang, zu antworten. Wenn ich Kommentare gezeigt bekomme, denke ich immer, wie leicht der Mensch hinter dem Fußballer oder Trainer vergessen wird. Da gibt es anscheinend keine Hemmschwelle. Mir ist es lieber, wenn jemand zum Training kommt und persönlich nachfragt, da antworte und erkläre ich gerne. 

Sports Illustrated: Dennoch stehen Sie als Trainer unter hohem Druck. Wie gehen Sie damit um?

Eichner: Dadurch, dass ich zuerst Spieler war und jetzt schon Erfahrung als Trainer habe, kann ich die Wichtigkeit des Fußballs ganz gut einschätzen. Natürlich hat er eine enorme Bedeutung in meinem Leben, ist aber lange nicht alles. Denkt man nur an Fußball, frisst einen das irgendwann auf. Ich könnte mittlerweile eine halbe Stunde vor Anpfiff noch entspannt Überweisungen machen oder eine Serie gucken. 

Sports Illustrated: Sie haben Ihr Amt beim KSC nun vier Jahre inne. Wie hoch ist die Gefahr, sich als Trainer abzunutzen?

Eichner: Das ist schon ein Thema. Manchmal bespreche ich mich vor den Spielen mit meinen Co-Trainern und wir wissen nicht, was wir der Mannschaft sagen sollen, was sie nicht schon 100 Mal gehört hat. Ich kann mir aber auch nicht immer etwas Kreatives überlegen, das würde irgendwann unglaubwürdig. Zudem ist auch der Job kräftezehrend. 

Christian Eichner (KSC-Trainer)
Christian Eichner (KSC-Trainer)
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Sports Illustrated: Inwiefern?

Eichner: Ich will der Mannschaft die Leidenschaft, die sie auf den Platz bringen soll, vorleben – sowohl im Training als auch den Spielen. Das kostet Energie – und das spürt man als Trainer auch. Aber keine Angst: Ich bin immer noch voller Tatendrang und brenne für meinen Job. 

Sports Illustrated: Wie Sie bereits mehrfach angedeutet haben, brennen Sie auch für die Spiele am Samstag um 15:30 Uhr – ist das Ihr großes Ziel?

Eichner: Diese Anstoßzeit ist für mich seit meiner Jugend magisch. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass diese Bundesliga-Spiele nicht in meinem Kopf wären. Aber alles zu seiner Zeit. 

Sports Illustrated. Zum Abschluss: Wenn man Sie während den Spielen beobachtet – woher kommt Ihre Liebe zu Bananen? 

Eichner: Ach das ist eigentlich ganz einfach: Die Spiele finden meistens zu Zeiten statt, in denen ich normalerweise esse. Das ist dann eine Mischung aus Hunger und Beschäftigungstherapie. Und es würde wohl nicht so gut ankommen, wenn ich da mit einem Stück Kuchen stehen würde (...lacht.)



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