Haile Gebrselassie: "Technologie alleine macht Marathonläufer nicht schneller"
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Haile Gebrselassie - diesen Namen verbindet man sofort mit der längsten Leichtathletik-Laufstrecke. Mitte der 1990er bis Mitte der 2000er Jahre dominierte der Äthiopier die Marathondistanz über 42,195 Kilometer und wurde zwei Mal Olympiasieger in Atlanta (1996) und Sydney (2000).
Seine persönliche Marathon-Bestzeit liegt bei 2:03:59 Stunden. Mittlerweile reichen die Top-Zeiten an die Zwei-Stunden-Schallmauer heran. In Kürze dürfte diese magische Marke geknackt werden, weil die Laufschuhe mit den Carbon-Sohlen immer besser werden. Im Sports-Illustrated-Interview spricht Gebrselassie über die Entwicklung des Marathonsports, Eliud Kipchoge sowie sein eigenes Lauftraining.
Sports Illustrated: Sie haben in Ihrer Lauf-Karriere alle Arten von Titeln gewonnen. Was macht die Olympischen Spiele – wo Sie über 2000 Meter 1996 und 2000 jeweils Gold holten – so besonders?
Haile Gebrselassie: Die Olympischen Spiele sind einfach alles. Wenn man einen Sportler oder eine Sportlerin fragt, wovon sie träumt, dann lautet die Antwort: Olympiasieger zu werden. Außerdem finden die Olympischen Spiele nur alle vier Jahre statt. Deshalb sind die Olympischen Spiele etwas Besonderes.
Sports Illustrated: Wer sind Ihre Favoriten in den Laufwettbewerben für dieses Jahr?
Haile Gebrselassie: Ich bin vor allem darauf gespannt, was Eliud Kipchoge über die Marathondistanz macht und meine äthiopischen Landsleute über die 10.000 Meter. Das sind natürlich meine liebsten Distanzen, aber ich schaue mir auch die 100 Meter gerne an.
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Sports Illustrated: 10.000 Meter und der Marathon waren Ihre Distanzen. Welche ist Ihnen lieber?
Haile Gebrselassie: Ich würde mich für die 10.000 Meter entscheiden.
Sports Illustrated: Sie haben gerade Eliud Kipchoge angesprochen. Glauben Sie, dass er in der Lage sein wird, unter offiziellen Wettkampf-Bedingungen unter zwei Stunden zu laufen? Er ist immerhin schon 39 Jahre alt.
Haile Gebrselassie: Das ist sehr schwer zu sagen. Man weiß nie. Aber natürlich wird das für ihn nicht einfach. Das Alter spielt auch eine Rolle, denn je älter man wird, desto langsamer läuft man. Aber der Sieg ist für ihn auf jeden Fall möglich, er kann bei den Olympischen Spielen in Paris gewinnen.
Sports Illustrated: Wie hat sich der Laufsport seit Ihrer aktiven Zeit entwickelt?
Haile Gebrselassie: Das war eine ganz erstaunliche Entwicklung. Nehmen wir den Marathonlauf. Abebe Bikila ist vor 50 Jahren, im Jahr 1964, einen Weltrekord von zwei Stunden und zwölf Minuten gelaufen. Seitdem ist so viel passiert, die Läufer wurden immer besser und haben den Rekord immer weiter verbessert – nicht nur im Marathon, sondern in fast allen Sportarten. Jetzt liegt der Marathon-Weltrekord fast bei unter zwei Stunden.
Sports Illustrated: Und das liegt auch, so sagt man, an den Carbon-Schuhen. Wie bewerten Sie deren Einfluss auf die Performance?
Haile Gebrselassie: In Sachen Carbon-Schuhe haben Adidas – und andere Unternehmen – große Fortschritte gemacht. Ich laufe in verschiedenen Arten von Schuhen, aber was die Carbon-Schuhe bringen, ist wirklich unglaublich. Natürlich müssen die Athleten am Ende des Tages trainieren wie früher auch, die Schuhe alleine reichen nicht. Aber sie sind eine große Unterstützung. Ein großer Vorteil der Schuhe ist, dass man mit ihnen nicht nur schneller laufen kann, sondern sie den Athleten auch Energie und Kraft sparen lassen.
Sports Illustrated: Wohin wird sich der Sport entwickeln?
Haile Gebrselassie: Nun, die Frage stell ich mir auch. Es wird immer schneller und schneller werden, da bin ich mir sicher. Aber nur die Technologie alleine macht die Athleten nicht schneller. Man braucht ein spezifisches Training und die richtige Vorbereitung, um in Carbon-Schuhen schnell zu laufen. Je nach Laufstil profitieren Athleten auch in unterschiedlichem Maß von den Schuhen.
Sports Illustrated: Wie viel laufen Sie denn heutzutage?
Haile Gebrselassie: Nicht so viel. Ich laufe einmal am Tag, am Morgen, so acht bis zehn Kilometer. Am Wochenende vielleicht mal ein bisschen länger. Das war’s aber auch schon.
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